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-Geschichte-
Hu ä Lotsch !!
Der Wiler Narrenspruch „Hu ä Lotsch“ heisst so viel wie „schau diese Maske“!
Lotsch ist ein anderes Wort für Maske, Larve oder einfach verkleidete Person.
Und „Hu ä“ wird als „hei lueg“ oder schau übersetzt.
GESCHICHTE DER WILER FASTNACHT
Offiziell begann die Fastnachtszeit schon im alten Wil nach dem Dreikönigstag, ihre wichtigsten Tage aber waren jene zwischen dem sogenannt Schmutzigen Donnerstag bis zum Fasnachtsdienstag. Die Fasnacht war im alten Wil – und ist es vielleicht heute noch, die Zeit eines sehr intensiv ausgeübten Brauchtums. Keine andere Zeit des Jahres wird in den Mandaten (Mittelalterliche und frühneuzeitliche Urkunde) so häufig erwähnt!
Die Fastnacht gilt ja als Ventil der Weltlust, die sich vor der strengen Fastenzeit nochmals austobte. Kein Wunder, dass man zuvor alle nochmal gehörig ass und trank und miteinander die Geselligkeit pflegte, sowohl die Einwohner eines Ortes, als auch benachbarte Orte miteinander. So geht aus einem Ratsprotokoll der Stadt Wil des Jahres 1510 hervor, dass in jener Fasnacht an einem Donnerstag „gar vii“ Leute aus der Gemeinde Elgg nach Wil zogen“… in der Mainung, ein gut fassnacht ze han“, wie es heisst. Der Rat von Wil schickte 40 junge Wiler den Elggern entgegen, um sie freundlich zu empfangen und in die Stadt zu führen. Dort festeten die Wiler mit den Elggern in allen Wirtschaften, luden sie zum Nachtmahl ein, bezahlten ihnen den Wein und die Übernachtung in den Herbergen und assen am nächsten Morgen erst noch mit ihnen das Frühstück. Der Wiler Rat, der das alles aus der Stadtkasse berappte, scheint damals eine besonders spendide Phase gehabt zu haben. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts schränkte der Wiler Rat die Fastnacht allerdings zunehmend ein, so wie er damals überhaupt die Genüsse des Lebens zunehmend einengte. Von nun an fasste der Rat jeden Januar bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts jeweils einen Beschluss, ob dieses Jahr die Fastnacht erlaubt sei oder nicht. In der grossen Mehrzahl der Jahre entschied er sich gegen die Fastnacht, 1566 z. B. mit den folgenden Worten. „Die jungen gesellen und auch ander leüth söllent ouch dise vasnacht wäder danzen noch umbziehen, wäder mit thrommen, pfyffen, gygen, lutten, schwärteren oder häfen, in keinerlei wys noch weg, darzu sollen sie ouch nit buzen.“ Offensichtlich gehörten zu den Fastnachtsumzügen seit jeher Lärm und Musik, im alten Wil also Trommeln, Pfeifen und Saiteninstrumente. Aber auch das Knallen mit der Peitsche oder der „Schwiiblootere“ fehlte nicht.
Nach der Reformation ist die Fastnacht in den evangelischen Orten – mit der grossen Ausnahme von Basel – weitgehend ausgerottet worden, mit dem Hinweis, sie sein ein heidnischer, teuflischer Brauch. Dass die Fastnacht aber auch in einer katholischen Stadt wie Wil so oft verboten wurde, war gesamtschweizerisch aussergewöhnlich. Allerdings scheinen die Verbote nicht übertrieben wirksam gewesen zu sein. In den alten Ratsbüchern wimmelt es zu den Fastnachtszeiten … nur so von Bussen, „wegen Butzens“, nicht selten wurden sie gegen 40 oder noch mehr Burschen aufs Mal gefällt. Die jungen Mädchen haben sich nicht verkleidet. Sie sangen und tanzten dafür in der Fastnacht auf den Strassen den „Reigen oder Abendgesang“. Wie er genau aussah, wird in den Mandaten leider nicht überliefert. Früher war das Tanzen nur an ganz wenigen Tagen des Jahres möglich – die weitaus wichtigste Zeit für das Tanzen aber war die Fastnacht.
DIE 11 NARRENREGELN
1. Ein echter Narr hüpft und springt
2. Ein echter Narr möchte stets unerkannt bleiben
3. Ein echter Narr ist an Fastnacht auf der Gass
4. Ein echter Narr hat Stil und Benehmen
5. Ein echter Narr zieht sein Gwändli nur an Fastnacht an
6. Ein echter Narr l(i)ebt seine Fastnacht
7. Ein echter Narr kann über sich selber lachen
8. Ein echter Narr ist gegen Gewalt
9. Ein echter Narr läuft am Umzug mit
10. Ein echter Narr kennt sich in der Heimatgeschichte aus
11. Ein echter Narr trinkt auch Mineralwasser
Im alten Wil schränkte man an der Fastnacht auch das Tanzen ein, indem man es entweder ganz verbot oder nur am Schmutzigen Donnerstag und Fastnachtsonntag zuliess und auch das nur für Leute, die nicht schon an einer Hochzeit getanzt hatten. In den Fasnachtsbräuchen in Wil und anderswo spielte früher auch das Wasser eine grosse Rolle. So wird z. B. in einem Wiler Ratsbeschluss des Jahres 1545 festgehalten, dass sich die Leute vom Aschermittwoch an nicht mehr gegenseitig fangen und in die Brunnen werfen dürfen. Hinter diesem Brauch stand ursprünglich ein ganz bestimmter Fruchtbarkeitszauber, nämlich ein Regenzauber nach der uralten Analogie-Regel „Similia similibus“ – Gleiches wird durch Gleiches erzeugt, also Regen durch Beschwören mit Wasser. Der Regen, der für die Sasten unerlässlich war, bedeutete Fruchtbarkeit.
Quelle: Wiler Fastnachtsfibel
WILER FASTNACHT IN DER NEUZEIT
In den dreissiger und vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts auch in Wil nur mehr eine Zeit ausgelassenen Treibens für ein paar Wenige. Vor und während des Zweiten Weltkrieges haben zur Fastnachtszeit vereinzelte Vereine kleine „Umzüge“ organisiert. Abgesehen von den Maskenbällen im Landhaus und Schwanen war in Wil aber nicht viel los. Erst die Nachkriegsjahre brachte ein wenig Schwung in die Wiler Fastnacht. Die zur Fastnacht aktiven Vereine (KTV, ETV, Arbeiter-Turnverein, Motorradclub, Verkehrs- und Verschönerungsverein, die Stadtmusik, die Tambouren sowie eine Mitarbeitergruppe der Firma Agrar) haben sich zusammengetan, um gemeinsam einen grösseren Umzug zu organisiert. Die damalige Gemeindeverwaltung unter Stadtamman Löhrer auf die Erhebung einer Vergnügungssteuer verzichtet. Dafür wurde im Rathaus ein von den Vereinen geschaffener Fonds für Umzüge verwaltet, der bei finanziellen Überanstrengungen der Umzugsveranstalter eine gewisse Defizitgarantie leisten sollte. Die Fastnachtsumzüge hatten jedenfalls bei den Zuschauern und Beteiligten derart Furore gemacht, dass die Vereine im Jahre 1950 beschlossen, künftig eine „Kommission“ mit der Organisation der Strassenfastnacht zu betrauen.
FASTNACHTS-KOMMISSION GEGRÜNDET
Die ins Leben gerufene Kommission, bestand aus den Wilern Paul Schmitt, Oskar Rey, Thomas Stillhart, Alex Bannwart, Albert Wyss, Karl Peterli und Gust Weber. Sie verstanden sich sogleich als Trägerschaft der fastnächtlichen Kultur. Paul Schmitt als erster Präsident beschrieb den Vereinszweck in den FGW-Statuten (Fastnacht-Gesellschaft Wil) wie folgt: „Die FGW bezweckt die Förderung von fastnächtlichen Veranstaltungen, die Pflege traditioneller Bräuche und die Durchführung von Anlässen aller Art. Sie ist bestrebt, das Fastnachtsbild zu heben. Insbesondere strebt die FGW die Organisation und Durchführung von Umzügen und Bällen usw. an, ferner die Herausgabe einer Schnitzelbank oder Fastnachtszeitung“.
Die Fastnacht 1951 war dann auch erstmals „wohlorganisiert“. Sie wurde am Gümpeli-Mittwoch mit dem sogenannten „FGW-Treffen“ auf dem Hofplatz feierlich eröffnet; dies unter dem Beisein der Stadtmusik, der Tüüfel und erstmals mit kostümiertem Prinzen. Erstmals wurde am Fastnachtssonntag ein grosser, einheitlicher Umzug abgehalten, bei dem auch der Prinz und eine Nörgeli-Gruppe mitmarschierten. Mit dem Nörgeli, eine typische Wiler Bezeichnung, wurde bereits 1951 eine bekannte Wiler Persönlichkeit karikiert und verbrannt.
DER UMZUG
Bis 1956, also fünf Jahre lang, findet sich in der Organisation der Wiler Fastnacht jedes Jahr der „Grosse Umzug“. Für das Folgejahr 1957 hat sich der Neunerrat – noch immer unter dem Präsidium von Paul Schmitt – etwas Besonderes einfallen lassen: Anstelle eines „Grossen Umzuges“, der vor allem durch die Mitwirkung Erwachsener zustande kommen konnte, sollte sich diesmal die Kinder, die ja den Hauptanteil an der Strassenfastnacht ausmachten, zu einem Kinderaufmarsch formieren. Wiederum vom Neunerrat angeregt war der Nörgeli, diesmal keine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, sondern eine Märchenfigur. Der grossartige Erfolg und die enorme Beteiligung am ersten Aufmarsch der Kinder sollte in der Folge dazu führen, dass dieser alle zwei Jahre – alternierend mit dem grossen Umzug – bis 2020 stattfand. Seit 2023 wird alljährlich ein grosser Umzug organisiert. In den ersten Jahren wurden zur Sicherstellung der Umzugskosten jeweils Umzugsführer und Abzeichen verkauft. Diese werden heute durch Sponsorengelder und Eintrittspreise gedeckt.
BRAUCHTUM FÖRDERN
Mit viel Engagement organisiert die FGW Veranstaltungen und Umzüge, entschädigt dabei jeweils die Teilnehmer. So kommt wie noch 1951 auch heute noch die FGW für den Materialaufwand der diversen Umzugsgruppen auf. Und selbst wer Probleme bei der Planung oder Gestaltung des Umzugswagens hat, wird von der FGW unterstützt: spezielle Sujet-Beratungs-Sitzungen räumen allfällige Probleme aus dem Weg, damit das fastnächtliche Vergnügen nicht nur auf der Seite der Umzugsbesucher, sondern auch auf jener der Wagenbauer ist.